Zwischen Dürre und Starkregen – Der Klimawandel und seine weitreichenden Folgen für die deutsche Landwirtschaft

Die Landwirtschaft steht weltweit vor großen Herausforderungen – und Deutschland bildet da keine Ausnahme. Der Klimawandel ist längst nicht mehr nur ein abstraktes Konzept oder eine Prognose für eine ferne Zukunft. In deutschen Feldern, Weiden und Weinbergen sind seine Auswirkungen bereits deutlich spürbar. Die Temperaturen steigen, das Wetter wird extremer, und die Natur gerät zunehmend aus dem Gleichgewicht. Doch was bedeutet das konkret für die Landwirtschaft in Deutschland?

1. Veränderte Klimabedingungen

Deutschland erlebt bereits heute steigende Durchschnittstemperaturen. Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen hat sich die mittlere Jahrestemperatur hierzulande um etwa 1,6 Grad Celsius erhöht. Diese Veränderungen bringen eine Verschiebung der Vegetationsperioden mit sich – Pflanzen beginnen früher zu wachsen und zu blühen, was die Zeitfenster für Aussaat, Pflege und Ernte verändert.

Auf den ersten Blick mag eine längere Vegetationsperiode vorteilhaft erscheinen. Doch sie bringt auch Risiken: Spätfröste im Frühjahr können empfindliche Obst- oder Weinkulturen schädigen, während früh einsetzende Hitzeperioden das Wachstum hemmen und die Erträge mindern können.

2. Dürre und Wassermangel

Eine der gravierendsten Herausforderungen für die Landwirtschaft ist die zunehmende Trockenheit. In den Jahren 2018 bis 2020 litten weite Teile Deutschlands unter anhaltenden Dürreperioden, die zu erheblichen Ernteausfällen führten. Besonders betroffen waren Getreide, Mais und Kartoffeln, deren Erträge zum Teil um bis zu 50 % einbrachen.

Die Böden trocknen nicht nur an der Oberfläche aus – auch die tieferen Bodenschichten verlieren zunehmend an Feuchtigkeit. Gleichzeitig nehmen die Grundwasserstände ab, was die Bewässerung erschwert und auf lange Sicht zur Übernutzung der Wasserressourcen führen kann. Regionen wie Brandenburg oder Sachsen-Anhalt gelten heute bereits als besonders gefährdet.

3. Zunahme von Extremwetterereignissen

Neben anhaltender Trockenheit häufen sich Starkregenfälle und Hagelstürme. Diese Ereignisse treten oft punktuell und sehr heftig auf – mit verheerenden Folgen. Der plötzlich auftretende Starkregen kann junge Pflanzen auswaschen, Böden erodieren lassen und landwirtschaftliche Infrastruktur beschädigen. Hagel zerstört in wenigen Minuten ganze Obstplantagen oder Weinberge.

Solche Extreme machen es den Landwirtinnen und Landwirten zunehmend schwer, langfristig zu planen. Versicherungen gegen wetterbedingte Schäden werden immer teurer – oder in einigen Fällen sogar unerschwinglich.

4. Verlagerung von Anbaugebieten

Mit dem Klimawandel verschieben sich auch die für bestimmte Kulturen geeigneten Anbauzonen. In Süddeutschland werden inzwischen Rebsorten angebaut, die früher nur in südlicheren Weinregionen wie Italien oder Spanien zu finden waren. Gleichzeitig wird der Anbau klassischer Kulturpflanzen wie Weizen oder Gerste in manchen Regionen schwieriger.

Auch neue, wärmeliebende Pflanzenarten wie Soja oder Sorghum könnten in deutschen Regionen Einzug halten. Das klingt nach einer Chance – doch damit verbunden sind neue Anforderungen an die Bewirtschaftung, an Maschinen, Dünger und Fachwissen.

5. Zunahme von Schädlingen und Krankheiten

Mit den wärmeren Temperaturen fühlen sich auch viele Schädlinge in Deutschland wohl, die früher hier nicht vorkamen. Der Maiswurzelbohrer, die Kirschessigfliege oder auch neuartige Pilzkrankheiten machen den Landwirten zu schaffen. Zudem können sich bekannte Schädlinge über das Jahr häufiger und schneller vermehren.

Das bedeutet: Mehr Pflanzenschutzmittel, höhere Kosten, aber auch zunehmender Druck, ökologischer zu wirtschaften – schließlich ist der Einsatz von Chemikalien gesellschaftlich und politisch immer stärker umstritten.

6. Anpassungsdruck und wirtschaftliche Unsicherheit

Die Summe dieser Veränderungen bedeutet für viele landwirtschaftliche Betriebe eine enorme Belastung. Investitionen in Bewässerung, Bodenschutz, neue Technik oder widerstandsfähigere Sorten sind kostenintensiv – und nicht jeder Betrieb kann oder will diesen Wandel stemmen.

Kleine und mittlere Familienbetriebe geraten besonders unter Druck. Ohne staatliche Unterstützung, klare Strategien und innovative Lösungen könnte sich der Strukturwandel in der Landwirtschaft beschleunigen – mit Folgen für die ländlichen Räume, die Ernährungssicherheit und die ökologische Vielfalt.

7. Chancen durch Innovation und nachhaltige Landwirtschaft

Doch es gibt auch Lichtblicke. Immer mehr Betriebe setzen auf Klimaanpassungsstrategien: Agroforstsysteme, Mischkulturen, bodenschonende Techniken, digitale Präzisionslandwirtschaft oder der gezielte Humusaufbau im Boden. Auch der ökologische Landbau gewinnt an Bedeutung, da er auf robuste, vielfältige Systeme setzt.

Forscherinnen und Forscher arbeiten an neuen Sorten, effizienteren Bewässerungstechniken und Methoden zur CO₂-Bindung im Boden. Politik, Wissenschaft und Praxis beginnen, enger zusammenzuarbeiten – nicht zuletzt durch Förderprogramme und klimabezogene Agrarumweltmaßnahmen.

Fazit:

Der Klimawandel stellt die deutsche Landwirtschaft vor gewaltige Herausforderungen – doch er bietet auch die Chance, das System nachhaltiger, widerstandsfähiger und innovativer zu gestalten. Ob dieser Wandel gelingt, hängt nicht nur von den Landwirtinnen und Landwirten selbst ab, sondern auch vom politischen Willen, gesellschaftlichem Engagement und dem Mut, neue Wege zu gehen.

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